Pull-Prinzip

Das Pull-Prinzip oder auch Hol-Prinzip bezeichnet ein System zur Steuerung von Fertigungs- und Produktionsprozessen.

Bei der Fertigung und Produktion ist es von hohem Interesse, einen kontinuierlich laufenden Materialfluss zu gewährleisten. Außerdem sollte Wert darauf gelegt werden die Lagergröße zu minimieren, jedoch mit einer Abwägung möglicher Produktionsausfälle, welche zum Beispiel durch Streiks in Zuliefer-Unternehmen, aber auch durch in Verzug geratene Speditionen verursacht werden können. Mögliche Schwierigkeiten in der Produktions- und Fertigungsplanung treten vor allem im komplexen Materialfluss auf. Hierbei können Verzugszeiten in der Montage auftreten, zum Beispiel wenn zur Endmontage eines Bauteils eines der verschiedenen Bauelemente nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Um solche Verzugszeiten zu vermeiden ist es wichtig, den Fertigungs- und Produktionsprozess, auf die Anforderungen des jeweiligen Unternehmens bezogen, zu planen.

Das Pull-Prinzip (dem gegenüber steht das Push-Prinzip) bietet die Möglichkeit eine nachfrageorientierte Planung der Fertigungs- und Produktionsabläufe durch zu führen. Das Pull-Prinzip bietet sich dafür besonders an, da der Käufermarkt in einer Volkswirtschaft ebenfalls nachfrageorientiert ist. So lässt sich dieses System optimal in die Betriebsabläufe implementieren.

Wie genau funktioniert nun das Pull-Prinzip?
In einem Betrieb gibt es verschiedene Fertigungsstellen, welche Einzelelemente für ein oder mehrere Endprodukte produzieren. Üblich ist es nach dem "Make To Stock"-Verfahren für das Lager zu produzieren. Da ein hoher Lagerbestand jedoch Kosten verursacht und die starke Kapitalbindung die Flexibilität eines Unternehmens hemmt, ist dies keine optimale Lösung. Das Pull-Prinzip signalisiert zum Beispiel bei Entstehung einer Lücke im Lager einen Bedarf. Dieser Bedarf wird nun von der jeweiligen Produktions-Station erkannt. Der Produktionsprozess beginnt nun die Lücke im Lager zu schließen. Ist der Bedarf gedeckt, wird nicht weiter produziert. Produktion erfolgt also nur auf eine Nachfrage. Dies vermindert die Kosten für Lagerhaltung und ebenso die Kapitalbindung, welche durch Roh-, Zwischen- und Endprodukte verursacht wird.
Die andere Seite eines kleinen Lagers allerdings ist ein gesteigerter Aufwand für die Umrüstung der Maschinen um Produktvarianten zu produzieren, welche augenblicklich nachgefragt werden.

Eine praktische Umsetzung des Pull-Prinzips kommt aus Japan. Es wird als Kanban bezeichnet. Dieses System funktioniert über die sogenannte Kanban-Karte, welche entgegengesetzt dem Materialfluss verschoben wird. Auf ihr befinden sich die Bestellungen der vorhergehenden Produktions-Station. Die Bestellung, welche auf der Kanban-Karte vermerkt ist, wird produziert. Die Vorräte für diese Produktion müssen ebenfalls mittels Kanban-Karte von der vorhergehenden Station bestellt werden.
Ist die Bestellung fertiggestellt, geht das Material zur nächsten Station, wobei wieder eine neue Bestellung entgegen genommen wird. Der ständige Informationsfluss und ständige Kommunikation innerhalb der Produktion bzw. zwischen den Produktions-Stationen garantieren bei einer Umstellung der Produktion eine hohe Flexibilität. Bei Anwendung des Pull-Prinzips und demzufolge der Produktion von kleinen Losgrößen, benötigt der Betrieb ein relativ kleines Lager. Das Pull-Prinzip optimiert also auch die Lagergröße.

Ein weiterer Vorteil des Pull-Prinzips ist eine hohe Motivation der Mitarbeiter. Eine Produktion mit direkter Nachfrage ist motivierender als eine reine Produktion für das Lager.

Die meisten Unternehmen vor allem mittelständige Unternehmen produzieren noch immer nach dem Push-Prinzip, nicht nach dem Pull-Prinzip, da eine Umstellung auf das Pull-Prinzip meist einen großen Umstrukturierungs-Prozess beinhaltet. Sowohl im Betrieb an sich als auch in der Überzeugung der Projekt- und Betriebsleiter.

Zuletzt aktualisiert am 2015-05-20 von Werner Hess.

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