Zollbegleitscheinheft (Carnet)

Wenn Sie auf der Autobahn unterwegs sind, begegnet Ihnen das blaue Schild mit den drei weißen Großbuchstaben 'TIR' an Transportern, die im Fernverkehr fahren, immer wieder. Aber was bedeutet das eigentlich?
Mit 'TIR' oder auch “T.I.R.“ wird ein Zollverfahren im internationalen Güterverkehr bezeichnet: “Transport International de Marchandises par la Route“, zu deutsch: “internationaler Transport von Gütern auf der Straße. Dafür brauchen Sie das Zollbegleitscheinheft.

Angenommen, Sie sind Spediteur und möchten Waren von Deutschland in die Türkei bringen. Sie fahren also durch Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien. An jeder Grenze müssen Sie bei der Ein- und Ausfuhr Erklärungen abgeben, Handelsrechnungen, Ursprungszeugnisse, Frachtbriefe vorlegen. Vermutlich transportieren Sie mit Ihrem LKW gleichzeitig Waren für verschiedene Exporteure und Importeure, dann müssen Sie all diese Papiere natürlich für jedes Frachtteil einzeln abgeben, Papierkrieg! Ihre kostbare Zeit vergeht, während sie warten und warten und bei der Besichtigung Ihrer Fracht mit Zollbeamten diskutieren, deren Sprache Sie nicht verstehen…
Für solche Fälle bietet sich das Zollbegleitscheinheft – Verfahren an. Dabei wird die Fracht nur zwei Mal zolltechnisch abgefertigt – im Ausgangsland und im Empfängerland. Durch Verplomben der Frachträume wird sichergestellt, dass diese unterwegs nicht unbemerkt geöffnet werden können. Eine Umladung unterwegs ist also nicht möglich. Und – die Beförderung muss mindestens teilweise auf der Straße stattfinden.
Im Zollbegleitscheinheft (Carnet), in dem das Ladungsverzeichnis in der Ausgangslandessprache und ein Blatt für jede Grenzeingangszollstelle unterwegs enthalten sind, wird von den einzelnen Zollstellen lediglich dokumentiert, dass die Plombe unverletzt ist.

Das Zollbegleitscheinheft wird von der Internationalen Straßentransportunion ausgestellt, die zur Ausgabe an die Spediteure nationale Verbände ermächtigt hat. In Deutschland bekommen Sie das Zollbegleitscheinheft über die Landesorganisationen des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. in Frankfurt am Main und die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung und Entwicklung des internationalen Straßenverkehrs (AIST) e.V. in Berlin.
Das Verfahren mit dem Zollbegleitscheinheft geht auf das Übereinkommen zum internationalen Warentransport vom 14. November 1975 zurück, dem inklusive der EU-Mitgliedstaaten derzeit 68 Vertragsstaaten angeschlossen sind.
Eine weitere Voraussetzung des Carnet-Verfahrens ist, dass in den angeschlossenen Ländern national zugelassene, bürgende Verbände bestehen, die für die Leistung der auf den beförderten Waren lastenden Zölle und Abgaben garantieren. Vom Spediteur selbst werden von den Zollstellen dafür keine Sicherheiten verlangt.
Besonderheiten gibt es bei der Beförderung von Alkohol und Tabakprodukten. Allerdings ist die Ausgabe für dieses Zollbegleitscheinheft, das Abgaben bis zur Höhe von 200.000 US-Dollar abgedeckt hat, wegen häufiger Betrugsfälle bis auf weiteres ausgesetzt. Ein weiterer Sonderfall ist das Carnet ATA.

Es könnte ja sein, dass Sie Ihre Fracht gar nicht zum endgültigen Verbleib in die Türkei transportieren. Vielleicht möchten Sie nur Messe- und Ausstellungsgüter transportieren, Warenmuster, Berufsausrüstungsgegenstände oder Dinge für sportliche, wissenschaftliche oder kulturelle Zwecke. Diese sollen gar nicht im Empfängerland verbleiben - kein Grund für Zollabgaben. Dafür gibt es das Carnet ATA, ein Zollbegleitscheinheft für die vorübergehende abgabenfreie Wareneinfuhr. Das Prinzip ist das gleiche – auch hier erspart Ihnen das Zollbegleitscheinheft die Wiederholung aller Zollformalitäten an jeder zwischen Ausgangsland und Empfängerland passierten Grenze. Das Zollbegleitscheinheft ATA erhält man in Deutschland ausschließlich von Industrie- und Handelskammern, es ist bis zu einem Jahr gültig.


Zuletzt aktualisiert am 2015-05-20 von Werner Hess.

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