Overcarrier

Unter dem Begriff 'Overcarrier' (engl. "over" = über/zu viel, "carry" = tragen) versteht man eine Reederei, die einer sogenannten Konferenz (bzw. einem Ladungspool) angeschlossen ist, aber mehr als die dort festgelegte Ladungsmenge befördert. Dadurch entstehen die 'Undercarrier', also Reedereien die wegen den von einem Overcarrier zu viel beförderten Ladungseinheiten weniger Ladung als vorgesehen befördern mussten. Undercarrier werden so im Wettbewerb benachteiligt - dies muss von dem Overcarrier durch finanzielle Mittel ausgeglichen werden.

Eine solche Konferenz kann als eine Art 'freiwilliges Kartell' aufgefasst werden - sie dient zur Regulierung der Konkurrenz; Mitgliedsunternehmen koexistieren mehr als dass sie konkurrieren. Eine solche Konferenz hat zwei Ziele:

1. Stabilität der erzielten Gewinne auch in schlechteren Zeiten für einzelne Mitgliedsredereien
2. Reduzierung der Konkurrenz; Abwehr von 'nicht-Mitgliedern' der Konferenz

Trotz der Vereinigung innerhalb einer Konferenz und den damit verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen kann ein Konkurrenzkampf innerhalb der Konferenz auftreten. Um dies zu verhindern können sogenannte 'Pools' gegründet werden, in denen die Frachterträge der Poolmitglieder nach einem bestimmten Verhältnis aufgeteilt werden - so besteht für das einzelne Mitglied keine Veranlassung mehr, so viel Ladung wie möglich mit eigenen Schiffen abzufahren; Overcarrier müssen einen finanziellen Ausgleich zahlen.

In einem solchen Pool arbeiten die Konferenzmitglieder noch enger zusammen als in einer Konferenz. Die rechtliche Selbstständigkeit der Reedereien bleibt dabei bestehen - die wirtschaftliche Selbstständigkeit hingegen wird nach und nach abgebaut. Es gibt zwei Arten von solchen Pools: den Ladungspool und den Frachtenpool.

Beim Frachtenpool (oder: Revue-, Geld- oder Money-Pool) werden sämtliche Erlöse unter den Poolmitgliedern nach einem vereinbarten Verhältnis, welches z.B. den Ballungsraumgehalt der im Pool eingesetzten Schiffe zur Grundlage haben kann, aufgeteilt. Von den Erlösen werden vorher aber bestimmte Kosten wie Rabatte, Lade- und Löschkosten oder Kommissionskosten abgezogen, sodass nur die 'Nettofracht' aufgeteilt wird.

Im Ladungspool hingegen wird das gesamte Ladungsaufkommen der Poolmitglieder zu bestimmten Prozentsätzen (=shares) aufgeteilt. In dieser Art von Pool kann es zu einem Overcarrier kommen. In der Regel gibt es innerhalb eines Ladungspools auch Fahrplangemeinschaften - es werden also Fahrten zu Zielhäfen innerhalb des Pools aufeinander abgestimmt.

Ein Undercarrier kommt zustande, weil die Overcarrier einen größeren Prozentsatz von der Gesamtladung transportierten als durch die shares festgelegt und somit Teile von anderen Ladungen mit sich führten. Ein Overcarrier verstößt somit gegen die in diesem Ladungspool abgemachten Bestimmungen (im Speziellen die shares) und schadet so den anderen Konferenzmitgliedern - in der Regel muss ein Overcarrier am Ende einer Rechnungsperiode einen finanziellen Ausgleich an die Undercarrier zahlen.

Diese finanzielle Entschädigung vom Overcarrier muss allerdings nur getätigt werden, wenn der Undercarrier trotz der zu geringen Ladung seinen eigentlichen Fahrplan eingehalten und so einen Mehraufwand in Kauf nehmen musste. Dieser Mehraufwand kommt durch Gebühren, Fahrtkosten etc. zustande, welche auf Grund der geringeren Ladung unter Umständen nicht mehr gerechtfertigt sind. Auch wird durch die geringere Ladung natürlich der Ertrag aus der Fahrt geringer, die Undercarrier-Reederei ist somit in vielen Punkten gegenüber der Overcarrier-Reederei benachteil

Zuletzt aktualisiert am 2015-05-20 von Werner Hess.

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