Prozesskostenrechnung

Die Prozesskostenrechnung ist ein Instrument der Kosten- und Erfolgsrechnung und wird hauptsächlich im Rahmen des Marketing- und Vertriebscontrollings eingesetzt. Ein wichtiges Merkmal der Prozesskostenrechnung ist, dass sie danach strebt, die entstandenen Gemeinkosten verursachungsgerechter zu zuordnen. Anhand dieses Merkmals erkennt man, dass dieses Instrument eine spezielle Form der Vollkostenrechnung ist. Anwendung findet die Prozesskostenrechnung im Rahmen der Produktvollkostenrechnung oder der Absatzsegmentrechnung.

Zunächst werden die benötigten Fachbegriffe näher erläutert, damit ein besseres Verständnis entsteht. In der Kostenrechnung unterscheidet man zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten. Unter Einzelkosten versteht man, dass bestimmte Kostenarten dem Produkt bzw. Leistung direkt zugeordnet werden kann. Im Bereich der Speditionen und Transporte können beispielsweise Tankkosten direkt einem Auftrag bzw. einem Kraftwagen zugeordnet werden. Gemeinkosten sind hingegen Kosten, welche aus produkt-/ bzw. leistungsübergreifend Tätigkeiten entstehen und über verschiedene Zuschlagskalkulationen zugeordnet werden. Hier können es Kosten der Verwaltung oder des Marketings sein. Werden jetzt nur die Einzelkosten auf verschiedene Produkte bzw. Leistungen verteilt, so spricht man von der Teilkostenrechnung. Als Ergebnis erhält man den Deckungsbeitrag für ein Produkt bzw. Leistung. Ordnet man den einzelnen Produkten bzw. Leistungen über eine Zuschlagskalkulation zusätzlich die Gemeinkosten zu, so spricht man hier von der Vollkostenrechnung. Hier wird quasi für jedes Produkt bzw. Leistung das spezifische Ergebnis, positiver oder negativer Beitrag zum Unternehmenserfolg, berechnet.

Die Prozesskostenrechnung versucht die entstandenen Gemeinkosten nicht mehr über mehr oder weniger willkürlich gewählte Zuschläge zu verteilen, sondern den Ressourcen zuzuordnen, bei denen die tatsächliche Inanspruchnahme stattfanden. Diese Zuordnung ist jedoch nicht ohne weiteres möglich. Für die Anwendung der Prozesskostenrechnung muss zunächst eine umfassende Tätigkeitsanalyse durchgeführt werden. Hierbei werden alle Tätigkeiten erfasst, welche bisher als Gemeinkosten über die Zuschlagskalkulation verrechnet wurden. Nach der Erfassung werden die Tätigkeiten zu „Prozesse“ zusammengefasst. Jedem Prozess werden nun Bezugsgrößen zugeteilt. Die Bezugsgrößen in der Prozesskostenrechnung sind die sogenannten Kostentreiber, welche in einer direkten proportionalen Beziehung zu der Ressourceninanspruchnahme (d.h. zu den direkt anfallenden Kosten) stehen.

Im Bereich des Speditions- oder Transportwesens könnte die Prozesskostenrechnung beispielsweise zur Verrechnung der Gemeinkosten der Verwaltung und Disposition eingesetzt werden. In der Disposition werden die eingehenden Aufträge angenommen, geplant und überwacht. Jede der einzelnen Arbeitsschritte, welche hier nur grob dargestellt werden, benötigen, je nach ihrer spezifischen Art, unterschiedlich viele Ressourcen. Die Ressourcen, welche hier in Anspruch genommen werden, sind die Mitarbeiter und ihre Arbeitszeit im Büro der Disposition. Im Rahmen der Prozesskostenrechnung werden nur die einzelnen Tätigkeiten der Mitarbeiter im Bereich Disposition erfasst und analysiert. Anschließend werden die einzelnen Tätigkeiten zu homogenen Prozessen zusammengefasst. Beispielsweise werden alle Tätigkeiten der Auftragsbearbeitung zu einem Prozess zusammengefasst und alle Tätigkeiten zur Rechnungserstellung in einen anderen Prozess zusammengefasst. Nun sucht man die entsprechende Bezugsgröße für die einzelnen Prozesse. Im Bereich der Auftragsbearbeitung könnte dies beispielsweise die Anzahl der bearbeiteten Aufträge sein.

Der Unterschied in zwischen der Vollkostenrechnung und der Prozesskostenrechnung liegt ja in der Verrechnung der Gemeinkosten. Die Vollkostenrechnung berechnet demnach das Ergebnis eines Absatzsegmentes wie folgt:
Umsatz des Segmentes – Einzelkosten des Segmentes – Gemeinkosten des Segmentes = Ergebnis des Segmentes.

Die Prozesskostenrechnung benötigt als Gemeinkosten die Prozesskosten. Die Prozesskosten berechnen sich demnach wie folgt:
Gesamtkosten der Prozesse
/ Bezugsgrößenmenge
= Prozesskostenkosten je Bezugsgrößeneinheit
x Bezugsgrößenmenge des Segmentes
= Prozesskosten des Segmentes.
Das Ergebnis wird nun anstatt der „Gemeinkosten des Segmentes“ eingesetzt und man erhält eine verursachungsgerechtere Verteilung der Gemeinkosten.

Zuletzt aktualisiert am 2015-05-20 von Werner Hess.

Zurück